Wenige Wege führen nach Dänemark – und von dort nach Rom?
ein
Reisebericht von Benedikt Jetter
Bei der Reformation in Dänemark stand ein Theologe besonders al centro: Melantone! Der moderate Reformer wirkte unter anderem durch seine CA, die Visitationen in Kursachsen, persönliche Beratung des Königs und die Ordinatio Ecclesiae Regnorum Daniae et Norvegiae et Ducatuum Slesvicensis Holtsatiae von 1537. Zudem prägte er die ebenfalls 1537 neu errichtete Kopenhagener Universität sowie eine Generation von Theologiestudenten, die ihm teilweise bis nach Wittenberg folgten.
Seit 2001 gehört Folkekirken („Die Volkskirche“) fest zur Kirchengemeinschaft der GEKE. In dem oftmals etwas isolierten Land (geographische Lage, Währung, Politik und Lebensstil) spielt Ökumene eine eher untergeordnete Rolle, was darin begründet liegt, dass lange – bzw. bis heute – kein ernstzunehmendes Gegenüber zur sehr traditionellen lutherischen Kirche bestanden hat.
Mit dem Ziel die europäisch-protestantische Kirkefællesskab (Kirchengemeinschaft) ein wenig sichtbarer, konkreter vor allem bekannt(er) zu machen, besuchte ich - im Auftrag des Freundeskreises des Centro Melantone – Ende September für eine gute Woche die beiden lutherischen Theologenausbildungsstätten in København und Aarhus, was sich gut mit dem Besuch von dänischen Freunden aus Rom (Convitto Valdese), Florenz (GEKE) und Göttingen verbinden ließ. Vor Abfahrt jedoch waren noch die Flyer und Poster ins Englische zu übertragen; mit nur deutschem Material könnte man kaum glaubhaft für eine intensivierte Europäisierung des Studienjahres in Rom werben.
Auf der Reise nach Aarhus und während der gesamten Woche lernte ich ausgiebig Dänisch, was mir Tür und Tor öffnete. Dänisch aus dem Munde eines Ausländers zu hören ist für das kleine südskandinavische Land eher ungewöhnlich, doch für mich war es ein großer Spaß, eine Frage des Respekts, ein erprobtes Erfolgsrezept aber auch eine ständige Herausforderung, da Dänisch unglaublich undeutlich („utydelig“, sprich: u'tyːˀðəli) klingt. Zugegeben, ein 4 Tage Choraustausch in Norwegen 2012, ein wenig Erfahrung mit Plattdeutsch und vor allem Niederländisch halfen ungemein. Spätestens hinter Flensburg spürte ich als Süddeutscher, definitiv im nordisch-germanischen Sprach- und Kulturraum angekommen zu sein.
Auffallend höflich
begrüßten die Professoren mich in ihren Büros, wenn ich spontan durch
altbewährt-altmodisches Anklopfen um ein kurzes Gespräch bat und in
brüchigem Dänisch einzelne Sätze stammelte – oder schrieb via Mail vorab
schrieb. Man gewährte mir in aller Regel die ersten 5-7 Minuten der
Lehrveranstaltungen für eine kurze Power-Präsentation (ohne Point). Die
wenigen Minuten waren dicht gepackt: GEKE als ökumenischer Hintergrund,
das Studienjahr in Rom, Erasmus. Alles musste passen, präzise und
humorvoll formuliert sein. Spannung und Erwartung ließen sich wunderbar
durch einige geradebrechte Sätze aufbauen: dass ich luteransk præst
werden will etc. Die Ansage, wegen meiner geringen Dänischkenntnisse auf
der für Theologie nützlichen Sprache Deutsch fortfahren wollen,
verursachte momentane Schockstarre, aber das folgende „or better in
english?“ entlockte den schüchternen Studenten den erwarteten
Erleichterungsseufzer. Mit einem begeisternden Statement zu „modern
Latin“ wollte ich dem Italienischen die Eigenschaft als Haken an der
Sache nehmen. Man lachte. Und man konnte ein Interesse erahnen – nicht
zuletzt aufgrund weiterer Erklärungen und Motivationsversuchen einiger
Dozenten. Wie jedoch einerseits die Höflichkeit typisch dänisch ist, so
musste ich andererseits überraschenderweise feststellen, dass sich die
nordische Kühle darin äußerte, dass man mich so gut wie nie im direkt im
Anschluss oder hinterher in den Aufenthaltsräumen ansprach. Man sei
etwas schüchtern und gehe weniger spontan auf „Fremde“ zu.
Ein Vorteil an dem
immer strikter werdenden Studiensystem – der Staat fördert die eigenen
Studenten finanziell großzügig, möchte aber auch, dass sie zügig
studieren – ist, dass man genau weiß, wer in welchem Jahr in welchem
Kurs sitzt. Auf diese Weise konnten beinahe alle Jahrgänge abgedeckt
werden. Ein Rom-Jahr lässt sich am besten im 2-jährigen Master
integrieren wobei sichergestellt werden muss, dass genügend
Credit-Points gesammelt werden ein Teil der Kurse den dänischen
Kernkursen entspricht. Diese Fragen konnten mit den Studiendekanen und
den Studienleitern in Dänemark aber weitestgehend geklärt werden, zu
denen ich schon vorab den Kontakt hergestellt hatte. Über dies hinaus
konnte ich bei der Rückreise über Schweden auch in Lund (ehemals:
„Nordens Rom“) Material auslegen und mit den dortigen Verantwortlichen
auch einigen Vertretern der Svenska Kyrkan – bisher nur mit Gaststatus
in der GEKE – das Centro Melantone empfehlen.
Mut machen die Begegnungen allemal – aber es wäre anstrengend gewesen
ohne eine gehörige Portion an Leidenschaft, Zuversicht und Vorschussmut.
Mut macht auch der Kandidatskurs des Systematikers Bo Holm, in welchem
ich eine volle Stunde frei gestalten durfte. Der Titel: Protestantismus
im 21. Jahrhundert – Leuenberger Kirchengemeinschaft zwischen Idee und
Wirklichkeit. Wirklich vielerseits war Begeisterung zu spüren: für die
Kirchen, für Europa. In einer Zeit der Krise in Europa(s Kirchen) ist
das Grund für Optimismus.
Vi ses i Rom! Man sieht sich in Rom, denn: Alle veje fører til Rom.